Kriegsende
1945
(Aus:
Ein Streifzug durch die hundertjährige Geschichte von Bruno Ewen, S. 29ff)
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[...] Es begannen bewegte Zeiten, die in der Kirchengemeinde Ostrhauderfehn
ihren Höhepunkt in den letzten Kriegstagen fanden, als Einheiten der Wehrmacht
im April 1945 glaubten, den unaufhaltsamen Vormarsch der Alliierten Truppen noch
einmal in Ostrhauderfehn stoppen zu können.
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Die Folgen waren katastrophal. Auf beiden Seiten der Front forderten die
Kämpfe viele Menschenleben. Allein in Ostrhauderfehn sanken 37 Häuser in
Schutt und Asche und ungezählte Gebäude wurden beschädigt. Auch die Kirche
war darunter. Mit dem fadenscheinigen Argument, der 42 Meter hohe Kirchturm sei
ein strategisch wichtiger Richtpunkt, hatten deutsche Soldaten den sinnlosen
Befehl eines übereifrigen Offiziers ausgeführt und den Turm gesprengt.
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Als die Rauchwolken der Detonation sich verzogen hatten, glich die Kirche
einem Trümmerhaufen. Übriggeblieben war nicht viel mehr als eine Ruine, in der
Wind und Wetter das von Menschenhand inszenierte Zerstörungswerk ungehindert
fortsetzen konnten. Mit notdürftigen Mitteln wurde dennoch versucht, dem
fortschreitenden Verfall der Kirche Einhalt zu gebieten. Es blieb Stückwerk,
bis 1948 freiwillige Helfer mit der Beseitigung der Trümmer begannen.
Nach Jahren der Hoffnungslosigkeit gab der neue Anfang Mut und nach und
nach gingen die Ostrhauderfehner an den Wiederaufbau der Kirche. Mit einer in
der Gemeinde durchgeführten Bohnensammlung gelang es schließlich, die
notwendigen finanziellen Mittel für die Neueindeckung zu beschaffen.
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Die
Fenster erhielten eine Notverglasung und vor der Kirche wurde ein hölzerner
Glockenstuhl aufgestellt, von der am l. Adventssonntag des Jahres 1948 die
einzige heilgebliebene Glocke die Menschen nach dreieinhalbjährigen Schweigen
wieder zu einem Gottesdienst in die immer noch vom Kriege schwer gezeichnete
Kirche rief. Die Reparatur und Renovierung der durch die Sprengung ebenfalls
erheblich in Mitleidenschaft gezogenen Orgel war der nächste dringliche
Schritt, der keinen Aufschub duldete. Es sollten mehr als sechs Jahre nach der
Zerstörung ins Land gehen, bis die Orgel in einem Festgottesdienst am l.
Adventssonntag des Jahres 1951 den Lobgesang der Gemeinde wieder begleiten
konnte.
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Doch ohne ihren "erhobenen Zeigefinger" blieb die Kirche für
die Ostrhauderfehner ein Torso. Sie blieb es zehn Jahre lang, denn für den
Wiederaufbau des Turmes fehlte das Geld.
Endlich aber, am 2. Adventssonntag des
Jahres 1955 durfte die Kirchengemeinde wieder ein Ereignis begehen, auf das sie
lange hingearbeitet hatte: |
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In einem Festgottesdienst konnte Landessuperintendent
Siefken am 4. Dezember 1955 den wiederaufgebauten Kirchturm einweihen. Nach den
Plänen des Architekten Werner aus Weener war der 31m hohe Turm entstanden. An
seiner Spitze stand wiederum das zwei Meter hohe Kreuz, das schon den alten Turm
geschmückt hatte. Zum erstenmal erklang an diesem Tage auch die umgegossene,
450 Pfund schwere Betglocke, deren Aufschrift "Der Krieg mich zerschlug,
der Friede mich neu schuf“ an die Zerstörung des Geläutes im Jahre 1945
erinnert.
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60000 DM hatte der Wiederaufbau des Turmes gekostet. Mit 30000 DM hatte
die hannoversche Landeskirche das Vorhaben unterstützt, 15000 DM stellte die
Klosterkammer zur Verfügung und 14000 DM brachte die Kirchengemeinde
Ostrhauderfehn durch Opfergaben und Spenden auf.
Darunter
waren 1000 DM, die freiwillige Helfer (Pastor Küttner mit Gemeindemitgliedern
und Konfirmanden) beim Torfstuken im Moor verdient hatten.
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