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Familienforschung und Namensrecht


von Rudolf Folkerts, Marienhafe
(in: OSTFREESLAND-Kalender, Norden: Kalender 1983, S.206 ff)

(Vortrag vom 3.11.1979 vor der Jahresversammlung der Arbeitsgruppe Familienkunde und Heraldik der Ostfriesischen Landschaft in Aurich mit inzwischen eingetretenen Ergänzungen.)

    Wie eng Familienforschung und Namensrecht zusammenhängen, merkt jeder, der sich für seine oder anderer Leute Ahnen zu interessieren beginnt, in sehr kurzer Zeit. Anfangs meint man oft, daß man nur eben mal beim Standesamt bzw. beim Pfarramt die erforderlichen Daten und Urkunden zusammenzuholen brauche, und schon habe man den Stammbaum oder die Ahnentafel fertig. Spätestens wenn es in die vierte oder fünfte Generation rückwärts geht, beginnt es aber meistens kritisch zu werden, und man muß sich wohl oder übel auch mit anderen Unterlagen als den Registern und Büchern von Standes- und Pfarrämtern befassen, die natürlich immer die wichtigste Grundlage der Familienforschung sind und bleiben, und man muß sich im Namensrecht von einst und jetzt auskennen.

    Zunächst sei ein kurzer Blick auf die Entwicklung der "Personenstandsbuchführung" gestattet, wie heute der Fachausdruck für die Arbeit der Standesämter lautet. Standesämter gibt es erst seit reichlich 100 Jahren, vorher gab es fast nur die bei den Pfarrämtern geführten sogenannten "Kirchenbücher". Diese, zunächst als "Matrikeln" oder "libri  parochiales" bezeichnet, enthielten anfangs nur Taufen und Trauungen. Sie kamen im 15. Jahrhundert zuerst in Italien und Frankreich, vereinzelt auch in Spanien und in Deutschland vor. Im Mittelalter kamen Verzeichnisse derjenigen Verstorbenen hinzu, derer im Gottesdienst gedacht wurde. Das Konzil von Trient (1548-1563) machte dann den Pfarrern der katholischen Kirche die Führung von Tauf- und Traumatrikeln allgemein zur Pflicht, und mit dem "Rituale Romanum" von 1614 wurde schließlich auch die Führung von Verzeichnissen aller Verstorbener angeordnet. Die Geistlichen der protestantischen Kirchen führten in ähnlicher Weise Tauf-, Trau- und Sterberegister. Sicher waren diese Kirchenbücher der verschiedenen Konfessionen auch eine Art Mitgliederverzeichnisse.

    Die Kirchenbücher waren lange Zeit reine Sache der Kirchen, in die sich der Staat nicht einmischte. Etwa um 1700 aber begann er sich  besonders aus Gründen der Planung und des Gesundheitswesens - mehr für sie zu interessieren. Erst 1794 schrieb Preußen im "Allgemeinen Landrecht" den Pfarrern genau vor, wie sie ihre Kirchenbücher über Aufgebote, Trauungen, Geburten, Taufen und Begräbnisse zu führen hatten: erster massiver Eingriff des Staates in die Arbeit der Kirchen.

    In Frankreich war es etwas anders. Dort wurde nach der Revolution von 1789 mit der Verfassung von 1791 die Ehe zum "sozialen Vertrag", und ab 1792 gab es dort die Zivilehe und die Zivilstandsregister. Diese Einrichtung wurde im "Code civil", dem französischen Zivilgesetzbuch, verankert, das auch im gesamten linksrheinischen Gebiet Geltung hatte. Dieser "Code civil" und damit Zivilehe und Zivilstandsregister wurden bekanntlich 1811 auch in Ostfriesland eingeführt, das ja seit 1810 als "Departement der Ost-Ems" zum napoleonischen Kaiserreich Frankreich gehörte. Von da an durften die Pfarrer die kirchliche Trauung erst nach der Ziviltrauung vornehmen, genau wie heute. Auch für Geburten und Sterbefälle hatten die Zivilregister Vorrang vor den Kirchenbüchern.

    Das Jahr 1811 brachte für Ostfriesland - und auch für die holländischen Frieslande - eine tiefgreifende Bestimmung: Mit Dekret vom 18. August 1811 wurde den Einwohnern die Annahme von festen Familiennamen zur Pflicht gemacht. Der Vater oder der väterliche Großvater konnte damals entweder einen bisher geführten Namen behalten oder auch einen neuen wählen; die ganze Familie mußte ihn von da an führen und bei allen Handlungen gebrauchen. Über künftige Änderungen wurde nichts bestimmt.

    Schon 1808 war das übrigens für die Juden angeordnet worden; da 1811 auf das 1808 für diese erlassene Dekret Bezug genommen wurde, meinten die Ostfriesen wohl, auch das neue Dekret gelte nur für die Juden, ginge sie also nichts an. Mit Bekanntmachung vom 22.11.1811 wies der Präfekt in Aurich aber darauf hin, daß das Dekret vom 18.8.1811 auf jedes andere Individuum, welches keinen Familiennamen oder bestimmten Vornamen" habe, anwendbar sei, und zwar "ohne Unterschied der verschiedenen Glaubensbekenntnisse".

    Hier sei auf eine Besonderheit hingewiesen: Während in Deutschland Familiennamen schon seit dem 7./8. Jahrhundert vorkamen und sich in Süddeutschland etwa im 12., im nördlichen Deutschland zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert durchgesetzt hatten, hielten die Friesen am überkommenen patronymischen Namenssystem fest. Zwar gab es auch hier Familiennamen, aber sie waren noch im Anfang des 19. Jahrhunderts durchaus nicht die Regel. Meist wurde das erste Kind nach dem Vater des Mannes, das zweite nach dem Vater der Frau. das dritte nach der Mutter des Mannes, das vierte nach der Mutter der Frau benannt usw., wobei es natürlich auch Ausnahmen gab.

    Die Familienforscher kommen da ganz schön ins Schwitzen, denn wenn Jann beispielsweise drei Söhne hatte - sagen wir Gerd, Peter und Helmer -, dann hieß deren erster Sohn "Jann"; um diese drei "Jann" zu unterscheiden, hängte man den Vornamen ihres Vaters im Genitiv an: Jann Gerdes, Jann Peters und Jann Helmers. Deren erste Söhne hießen dann Gerd Janssen, Peter Janssen und Helmer Janssen, die Enkel wieder Jann Gerdes, Jann Peters und Jann Helmers usw.

    Mit der "Franzosenzeit" sollte das alles nun ein Ende haben, sollten auch die Ostfriesen einen festen Familiennamen führen. Aber so hundertprozentig hat das doch nicht geklappt. Zwar sind 1811 in allen Gemeinden - es waren übrigens schon eine Art Großgemeinden, die mehrere Ortschaften umfaßten - Register mit den künftig zu führenden Namen angelegt worden; ab 1812 wurden auch die Zivilstandsregister geführt. Aber 1813 war bekanntlich die napoleonische Herrlichkeit vorbei. Die französischen Zivilstandsgesetze wurden bald wieder aufgehoben, die kirchliche Eheschließung war wieder allein gültig. Die Ostfriesen kümmerten sich offensichtlich nicht allzu sehr um ihre neuen Namen, die man wohl allenfalls im amtlichen Verkehr gebrauchte, sonst aber kaum. Ja, sie ließen sogar die Register von 1811 durchweg verschwinden und kehrten zum altüberlieferten patronymischen Namenssystem zurück.

    Das wiederum gefiel der neuen Obrigkeit auf die Dauer nicht. Für Ostfriesland, das seit 1815 zum neuen Königreich Hannover gehörte, wurde - und sicher nicht ohne gewichtige Gründe - unter dem 22. Mai 1826 eine "Verordnung, die Erhaltung der Familien-Namen in Ostfriesland betreffend" erlassen, in der es heißt:

    "Demnach zu Unserer Bemerkung gekommen ist, daß in Unserem Fürstenthum Ostfriesland nicht allgemein auf die Erhaltung der Familien-Namen genugsam gehalten, sondern damit hin und wieder willkührlich gewechselt wird, hieraus aber mannigfache Verwirrungen und Ungewißheiten entstehen: So finden Wir Uns gnädigst bewogen, hiermit zu verordnen und festzusetzen, daß ein jeder einen Stamm-oder Familien-Namen künftighin führen, auch den Namen, den er jetzt hat, behalten, und ohne ausdrückliche Genehmigung Unseres Cabinets-Ministerii denselben willkührlich abzuändern nicht berechtigt seyn soll, so wie auch die Söhne jederzeit denjenigen Familien-Namen beibehalten müssen, welcher von ihrem Vater geführt wird."

    Hier wird also wiederum für Ostfriesland die Führung fester Familiennamen angeordnet, zugleich allerdings auch die Möglichkeit einer Abänderung geschaffen, die aber vom Cabinets-Ministerium genehmigt werden muß. Heute nennt man das eine "behördliche Namensänderung".

    Zur Durchführung dieser Verordnung wurde die Anlegung von Listen vorgeschrieben, in denen alle Eingesessenen mit Vor- oder Taufnamen, dem etwa bis dahin geführten sowie dem "für die Folge von demselben zu führenden angenommenen oder beibehaltenen Stamm- oder Familiennamen", einzutragen waren. Als Grundlage sollten die Listen von 1811 dienen. Die Königlich Großbritannisch-Hannoversche Landdrostey in Aurich mußte jedoch unter dem 4.11.1828 feststellen, daß das nicht ging, "indem die im Jahre 1811 aufgestellten Listen über die damals angenommenen Familien-Namen sich etwa überall nicht, oder doch nur unvollständig haben ausmitteln lassen wollen". Es wurde dann von Hannover der Druck neuer Formulare genehmigt, und nach Verteilung derselben mußten im Frühjahr/Sommer 1829 alle ihre Familiennamen festlegen.

    Dazu ergingen sehr genaue Ausführungsbestimmungen, die hier kurz angerissen werden sollen:

    Den neuen Namen bestimmte der älteste lebende Ascendent; mehrere großjährige Brüder, deren Vater verstorben war, konnten jeder für sich einen Familiennamen annehmen.

    Für Minderjährige war ihr Vormund zuständig, aber wenn sie schon 18 waren, mußten ihre Wünsche berücksichtigt werden.

    Die Witwe behielt den Namen ihres verstorbenen Ehemannes, die unverheiratete Tochter den ihres verstorbenen Vaters. Da diese Namen mit dem Tode der Witwe bzw. Tochter wegfielen, seien - wörtlich! - die weiblichen Mitglieder einer Familie in der Verordnung übergangen worden.

    Weiter wurde bestimmt, daß der neue Familienname stets hinter den Vor- oder Taufnamen stehen müsse und daß die Prediger Auszüge aus den Registern für ihren Bereich erhielten, wonach sie sich bei der Führung der Kirchenbücher und der Ausfertigung von Urkunden zu richten hätten.

    In den 1829 angelegten Listen erscheinen vielfach bereits geführte Familiennamen, die sehr wahrscheinlich auf 1811 zurückgehen dürften. Manche wurden beibehalten, manche auch "umgetauscht", wie zum Beispiel Mammen in Slagter; Janssen einmal in Neumann, einmal in Tellinghusen und einmal in Gersema: Eissen in Albers; Aits in Klinger; Swarts in van Schwartzenberg u. a. m. Manche wählten sich Namen wie Bloempott, Dokter, Koptein, Pankook, Tackfoot usw. Ein Spaßvogel drehte seinen Vornamen "Folkert" einfach um in "Treklof'. Und nicht immer machten Brüder von der Möglichkeit Gebrauch, verschiedene Namen anzunehmen. In Pilsum z. B., wo es auch auffallend wenige Familiennamen gab, nahmen vier Eingesessene - vermutliche Brüder, wie aus dem zweiten Vornamen zu schließen ist -, die mit den Taufnamen Albert Alberts, Gerd Alberts, Jan Alberts und Meint Alberts eingetragen waren, gemeinsam den Familiennamen "Alberts" (mit ts) an.

    Nach 1829 hat es mit den Familiennamen im wesentlichen wohl geklappt; allerdings wurden 1855/56 die Listen noch einmal durchgesehen und ergänzt, es gab aber nur wenige Änderungen.

    Für die Familienforscher ist die Suche in den Kirchenbüchern aus der Zeit von etwa 1770 bis 1850 oft nicht ganz einfach, zumal nicht nur die Namen, sondern auch ihre Schreibweise oft wechselten und die Pfarrer sich wohl auch nicht immer an die weltlichen Vorschriften hielten. Leider sind außer den Listen von 1811 auch die von 1829/1855 nicht vollständig erhalten geblieben, so daß man auf sie nicht immer zurückgreifen kann und noch vielfach auf Vermutungen angewiesen bleibt soweit sich nichts Sicheres aus Urkundenvergleichen ergibt.

    Noch lange blieben die Kirchenbücher einzige Stelle für die Beurkundung von Aufgebot, Trauung, Geburt, Taufe und Tod bzw. Beerdigung. Zwar waren schon in der Pauls-Kirchen-Verfassung von 1848 Zivilehe und Zivilstandsregister vorgeschrieben worden, aber nur die damalige Freie Reichs-stadt Frankfurt am Main führte sie ab 1. Mai 1851 auch wirklich ein. Erst nach dem als "Kulturkampf" bekannten schweren Konflikt zwischen Kirche und Staat ab 1872 kam es endgültig zur staatlichen Personenstandsbuchführung. Preußen ging ab 1.10. 1874 voran und richtete in seinem Bereich Standesämter ein; ausgenommen waren nur das linksrheinische Gebiet, in dem immer noch der "Code civil" galt, sowie Frankfurt am Main. Vom 1.1.1876 an gab es dann im ganzen Gebiet des damaligen Deutschen Reiches die Standesämter, und sie sind nicht wieder abgeschafft worden. Seither hat die staatliche Personenstandsbuchführung absoluten Vorrang vor der kirchlichen, wie bei uns in Ostfriesland schon von 1812 bis 1814.

    Namensrechtlich tat sich zunächst nicht viel. Seit Einführung der festen Familiennamen, die zugleich auch Ehenamen waren, verlor zwar die Frau mit der Eheschließung ihren bisherigen Namen, doch wurde dieser mit dem Zusatz "geborene" an den neuen Namen angebunden. Allerdings findet man noch bis ins 20. Jahrhundert sehr oft Einträge, in denen der Ehename fehlt, z.B. Gebke Hinrichs Müseler, Ehefrau von Jibbe Redelphs Folkerts. Manchmal steht im Sterbeeintrag auch nur, daß "die Witwe Gebke Hinrichs Müseler" verstorben ist, ohne daß der Ehemann genannt wird; dann muß man raten, ob "Müseler" nun der Ehename oder der Geburtsname der Verstorbenen war.

    Gelegentlich findet man Namen wie "Janssen genannt Gerdes". Dann handelt es sich meistens um ein nichteheliches Kind der Frau, das nicht vom Ehemann, sondern einem anderen stammt. Das ist die frühe Form der Einbenennung oder Namenserteilung. Zu beachten ist aber die westfälische Sitte, dem eigentlichen Familiennamen noch den Hofnamen anzuhängen, etwa "Möller genannt Riepe". Dann bewirtschaftet Möller den Hof "Riepe". Erst unserem Jahrhundert blieb es vorbehalten, das Namensrecht so umfangreich zu gestalten, daß Laien oft kaum noch durchzusteigen vermögen. Ein geradezu rotes Tuch scheint dabei manchen Familienforschern die jetzt gültige Regelung des Ehenamens zu sein. Aber ganz so schlimm, wie es aussieht, ist es doch nicht. Alle namensrechtlich wirksamen Vorgänge laufen nämlich bei den Standesämtern zusammen, und diese haben untereinander ein ausgeklügeltes Mitteilungssystem zu beachten. Bei - wie es so schön heißt - "ordnungsgemäßer Führung" der Standesämter sind alle namens-rechtlichen Dinge dort erfaßt und feststellbar.

    Diese "ordnungsgemäße Führung" kann heute als die Regel gelten, zumal jetzt die Standesämter überall hauptamtlich besetzt sind. Früher, als es noch die vielen kleinen und kleinsten Standesämter gab und der Bürgermeister gleichzeitig auch Standesbeamter war, ist das nicht immer so sicher gewesen. Damals ist manche Mitteilung unterblieben und manche nicht ausgewertet worden.

    Bevor nun das Namensrecht näher beleuchtet wird, sollen die bei den Standesämtern zu führenden Bücher und Register genannt und erläutert werden. 1876 genügten ein Aufgebotsverzeichnis und je ein Heirats-, Geburten- und Sterberegister. Am 1.7.1938 sind die bis dahin in Protokollform geführten Register durch die "Personenstandsbücher" abgelöst worden. Diese hatten eine gedrängtere Textform und vor allem Platz für Hinweise. Beim Geburtenbuch waren Heirat der Eltern bzw. Geburt der nicht verheirateten Mutter des Kindes anzugeben, ebenso später Heirat und Tod des Kindes. Im Sterbebuch war auf Geburt und Eheschließung des Kindes hinzuweisen und zunächst auch noch die Todesursache einzutragen. Letzteres ist später weggefallen. (Bisweilen wurde da nur der Name des behandelnden Arztes eingetragen, also Todesursache Dr. Sowieso.) Statt des Heiratsregisters wurde das "Familienbuch" geschaffen. In diesem wurde wie bisher die Eheschließung beurkundet, aber es kamen zu den Angaben über Ehegatten und Zeugen noch solche über die Eltern der Ehegatten hinzu, und auch die Kinder aus dieser Ehe waren zu vermerken. Aber im zweiten Weltkrieg unterblieben bald die Mitteilungen der Standesämter untereinander, so daß die diesem Familienbuch zugedachte Rolle, die sicherlich familienkundlich viel für sich hatte, nicht zum Tragen kam. Heute haben diese jetzt als "Familienbuch alter Art" bezeichneten Bücher ihre wesentliche Bedeutung als Nachweis für die Eheschließung sowie über die Auflösung der Ehe durch Tod, Scheidung usw.

    Eine sehr bedeutsame Neuregelung kam 1958 mit der Einführung eines vierten Personenstandsbuches, das auch wieder "Familienbuch" heißt. Es ist nicht mit dem alten Familienbuch von 1938 und schon gar nicht mit dem "Stammbuch der Familie" zu verwechseln, das letztlich nur eine Urkundensammlung ist.

    Das neue "Familienbuch" ist auch kein Buch im eigentlichen Sinne, sondern eine Karteikarte. Während die anderen Personenstandsbücher ortsfest beim Standesamt bleiben, wo sie angelegt sind, geht dieses Familienbuch auf die Reise, wie noch erläutert werden wird. Es wird im Anschluß an die Eheschließung angelegt, die jetzt im "Heiratsbuch" beurkundet wird, und enthält alle standesamtlichen Daten über die Ehegatten, über die Eheschließung, ferner die Namen der Eltern oder Wahleltern. In ihm werden die Auflösung der Ehe durch Tod, Scheidung oder Nichtigkeitsurteil vermerkt, ebenso - falls sie nachgewiesen ist - die Staatsangehörigkeit der Ehegatten, dann die Kinder mit deren Heirat oder Tod, frühere oder weitere Ehen der Eheleute und alles, was sonst noch mit ihnen zu tun hat, z. B. Adoption, Namensänderung usw. und - natürlich - auch der bei der Eheschließung gewählte Ehename. So ist das neue Familienbuch inzwischen zum wichtigsten Personenstandsbuch neben dem Geburtenbuch geworden.

    Es wird immer dort geführt, wo die Eheleute ihren Wohnsitz haben. Ziehen sie um, so wandert das Familienbuch ihnen sofort nach zu dem jetzt für sie zuständigen Standesamt. Auszüge aus dem Familienbuch oder beglaubigte Abschriften desselben können die Eheleute und ihre Kinder stets bei "ihrem" Standesbeamten bekommen. Das sind vollgültige Personenstandsurkunden, die meistens viel wichtiger sind als Geburts-, Abstammungs- oder Heiratsurkunden.

    Von sehr großer Bedeutung ist, wie das schon anklang, das Geburtenbuch (und ebenso das frühere Geburtsregister). In ihm werden nicht nur die Geburt des Kindes beurkundet und seine Eheschließung sowie sein Tod vermerkt, hier werden durch sogenannte Randvermerke auch Legitimation, Adoption, Namenserteilung usw. festgehalten, so Ldaß alle das Kind betreffenden wichtigen Dinge an einer Stelle, nämlich beim Geburtseintrag, zusammengefaßt werden. Für familienkundliche Zwecke empfiehlt es sich stets, eine beglaubigte Abschrift des Geburtseintrages zu verwenden, da Geburts- und Abstammungsurkunden zwar auf Grund der Eintragungen ausgestellt werden, aber immer nur den Endstand enthalten, der sich aus allen Eintragungen und Vermerken ergibt.

    Verfolgen wir nun das Namensrecht, wie es zur Zeit gilt, und da soll mit dem des Kindes begonnen werden.

    Das ehelich geborene Kind erhält als Familiennamen den Ehenamen der Eltern. Fehlt ein solcher, so erhält es den Familiennamen des Vaters. - Bis zum 30.6.1976 erhielten eheliche Kinder grundsätzlich den Familiennamen des Vaters.

    Das nichtehelich geborene Kind erhält seit dem 1.7.1970 den Familiennamen, den die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes führt. Als Familienname gilt aber nicht der dem Ehenamen vorangestellte Name. Dazu später mehr. Bis zum 30.6.1970 erhielt das nichteheliche Kind einer verwitweten oder geschiedenen Mutter deren Geburtsnamen. Das ist auch heute dann noch so, wenn erst jetzt die Nichtehelichkeit eines vor dem 1.7.1970 geborenen Kindes festgestellt wird. Die vor dem 1.7.1970 geborenen nichtehelichen Kinder können beim Vormundschaftsgericht beantragen, den Ehenamen der Mutter zu erhalten; dieser darf sich aber seit der Geburt des Kindes nicht geändert haben, und das Kind muß noch den Geburtsnamen seiner Mutter führen.

    Wenn sich der Name einer verheirateten Frau auf Grund des Eherechts ändert, so gilt die Änderung auch für ihre nichtehelichen und die von ihr allein adoptierten Kinder, sofern diese das fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Ältere Kinder können sich durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten dem Namenswechsel anschließen. Das war zwischen dem 1.7.1970 und dem 30.6.1976 nur dann möglich, wenn das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte.

    Durch die nachfolgende Eheschließung seiner Eltern wird ein nichtehelich geborenes Kind legitimiert, also ehelich. Bis zum 30.6.1976 erhielt ein solches Kind ohne Rücksicht auf sein Alter den Ehenamen seiner Eltern. Seit dem 1.7.1976 gilt das nur, wenn es das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Kinder und Abkömmlinge ab 14 Jahren können sich der durch die Legitimation erfolgten Namensänderung durch Erklärung anschließen. Sind sie bereits verheiratet, so erstreckt sich die Namensänderung nur dann auch auf den Ehenamen, wenn beide Ehegatten die Erklärung gemeinsam abgeben.

    Ein Kind kann entweder auf Antrag seines Vaters oder bei Tod eines Elternteils auf eigenen Antrag für ehelich erklärt werden. Das ist die "Legitimation durch Ehelicherklärung". Ein Kind wird dann eheliches Kind seines Vaters, obgleich er mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet ist. Es erhält den Familiennamen des Vaters bzw. den des überlebenden Elternteils. Weiter kann einem Kind auf eigenen Antrag, aber mit Zustimmung des überlebenden Elternteils, der Familienname des verstorbenen Elternteils erteilt werden, und zwar durch das Vormundschaftsgericht. Bei Tod eines Elternteils hat das Vormundschaftsgericht dem überlebenden Elternteil auf dessen Antrag dann den Familiennamen des Kindes zu erteilen, wenn dieses nach dem Tode des anderen Elternteils für ehelich erklärt wurde und den Familiennamen des verstorbenen Elternteils erhalten hatte.

    Durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten können die Mutter und deren Ehemann einem Kind, das nichtehelich geboren war und den Familiennamen ttägt, den die Mutter zur Zeit der Geburt dieses Kindes führte, ihren Familiennamen erteilen, wenn das Kind noch nicht verheiratet ist. - Bis zum 30.6.1976 konnte das nur der Ehemann der Mutter tun, auch wenn das Kind verheiratet war.

    Der Vater des (nichtehelichen) Kindes kann diesem seinen Familiennamen erteilen.

    Die Nichtehelichkeit eines Kindes kann nur dann geltend gemacht werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt worden ist. Dann erhält das jetzt nichteheliche Kind den Familiennamen, den seine Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes führte. Ein bis zum 30.6.1970 geborenes Kind erh~t den Geburtsnamen der Mutter.

    Bei Adoption erhielt bis zum 31.12.1976 das von einem Ehepaar oder einem Manne an Kindes Statt angenommene Kind den Familiennamen des Mannes. Nahm eine verheiratete oder verheiratet gewesene Frau ein Kind an Kindes Statt an, so erhielt das Kind deren Familienname nur, wenn der Ehemann zustimmte oder ggf. seine Zustimmung durch das Vormundschaftsgericht ersetzt wurde. Das Kind durfte dem neuen Namen durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen früheren Familiennamen hinzufügen, sofern dies im Annahmevertrag nicht ausgeschlossen war. Ab 1.7.1976 gab es die Einschränkung, daß der neue Name kein Doppelname sein durfte.

    Die Wirkungen der Annahme an Kindes Statt erstreckten sich bis zum 31.12.1976 auch auf die Abkömmlinge des Kindes. Waren aber zur Zeit des Vertragsabschlusses schon Abkömmlinge vorhanden, so galt dies nur, wenn der Vertrag auch mit ihnen geschlossen wurde.

    Seit dem 1.1.1977 erhält das Kind als sogenannten Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden, wobei als Familienname nicht der dem Ehenamen vorangestellte Name gilt. Ist das Kind bereits verheiratet und ist sein Geburtsname der Ehename geworden, so erstreckt sich diese Namensänderung nur dann auch auf den Ehenamen, wenn der Ehegatte einer solchen Namensänderung bei der Einwilligung (zur Adoption) zugestimmt hat. Das Vormundschaftsgericht kann - auf Antrag des Annehmenden und mit Einwilligung des Kindes - zugleich mit dem Ausspruch der Annahme (also der Bestätigung des Adoptionsvertrages)

1. die Vornamen des Kindes ändern,
2. ihm einen neuen Vornamen beigeben,
3. seinem neuen Familiennamen den bisherigen Familiennamen hinzufügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

    Nun zum Ehenamen:
Bis zum 30.6.1976 war der Name des Mannes der Ehe- und Familienname. Die Frau erhielt den Namen mit der Eheschließung, und sie konnte durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten diesem Namen ihren Mädchennamen hinzufügen. Der so entstandene Doppelname galt nur für sie. Wurde die Ehe geschieden oder aufgehoben, so behielt sie den Familiennamen des Mannes, konnte aber durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten ihren Mädchennamen (Geburtsnamen) wieder annehmen. Das galt auch für einen früheren Ehenamen, den sie bei Eingehung der geschiedenen oder aufgehobenen Ehe geführt hatte, aber nur, wenn aus der früheren Ehe Nachkommenschaft vorhanden und die Frau nicht allein oder überwiegend für schuldig erklärt worden war.

    Der Mann konnte der allein oder überwiegend für schuldig erklärten Frau die Führung seines Namens untersagen; in bestimmten Fällen konnte das auch das Vormundschaftsgericht tun.

    Seit dem 1.7.1976 führen die Ehegatten einen gemeinsamen Familiennamen, den "Ehenamen". Sie können hierfür bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten entweder den Geburtsnamen des Mannes oder den der Frau bestimmen. Treffen sie keine Bestimmung, so ist Ehename der Geburtsname des Mannes. Das ist der Name, der zur Zeit der Eheschließung in die Geburts- bzw. Abstammungsurkunde des Verlobten einzutragen ist; dessen Name kann sich also seit der Geburt schon mehrmals geändert haben.

    Der Ehename ist sowohl in das Heiratsbuch als auch in das Familienbuch einzutragen. Ein Ehegatte, dessen Geburtsname nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Eheschließung geführten Namen voranstellen. Dieser Doppelname gilt wie im anderen Falle der Doppelname der Frau - nur für den Namensträger, nicht aber für nichteheliche oder adoptierte Kinder.

    Seit dem 1.7.1976 behält der verwitwete oder geschiedene Ehegatte den Ehenamen; er kann aber seinen Geburtsnamen oder den Namen, den er zur Zeit der Eheschließung geführt hat, wieder annehmen. Das gilt auch für alle vor dem 1.7.1976 geschlossenen und aufgelösten Ehen.

    Wird eine Ehe für nichtig erklärt, so erhält die Frau ihren vor Eingehung dieser Ehe geführten Familiennamen wieder. Die in einer solchen Ehe geborenen Kinder bleiben aber ehelich und behalten damit auch den Ehenamen ihrer Eltern.

    Eheleute, die vor dem 1.7.1976 die Ehe geschlossen haben, konnten gemeinsam erklären, daß sie den Geburtsnamen der Frau als Ehenamen führen wollen, allerdings nur, wenn die Ehe nicht aufgelöst ist, und auch nur bis zum 30.6.1980.

    Auf Sonderfälle wie z. B.~ Eheschließung außerhalb des Geltungsbereichs unseres Personenstandsgesetzes oder Eheschließung mit Ausländern soll hier nicht eingegangen werden.

    Eine Namensänderung kann nur auf Antrag und bei wichtigem Grund erfolgen. Die Entscheidung trifft jetzt der Landkreis; früher war der Regierungspräsident oder in bestimmten Fällen der Innenminister zuständig. Diese Namensänderung erstreckt sich auf die unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder, sofern in der Entscheidung nicht etwas anderes bestimmt ist. Über die Auswirkung auf den Namen der Ehefrau fehlt noch eine gesetzliche Vorschrift; diese ist aber wegen der Neuregelung des Ehenamens seit dem 1.7.1976 erforderlich und dürfte auch in absehbarer Zeit getroffen werden. Hierzu sind mit Wirkung vom 1.1.1981 umfangreiche Vorschriften ergangen. Unrichtige Namen können berichtigt werden.

    Bei Zweifeln darüber, welchen Familiennamen eine Person zu führen berechtigt ist, kann dies entweder auf Antrag eines Beteiligten oder auch von Amts wegen mit allgemein verbindlicher Wirkung durch den Innenminister festgestellt werden. Das ist z. B. schon geschehen, wenn nicht ohne weiteres erkennbar war, welchen Familiennamen ein Angehöriger eines Adelsgeschlechts zu führen hatte, denn hier hat sich bekanntlich nach dem Ersten Weltkrieg vieles geändert. Aber auch darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden, zumal der Kreis der Betroffenen nicht allzu groß ist.

    Für die Familienforschung ist es immer zweckmäßig, Personenstandsurkunden neuesten Datums zu fordern, falls Unklarheiten über die Namensführung bestehen. Das sind insbesondere

1. beglaubigte Abschriften aus dem Geburtenbuch bzw. dem Geburtsregister,
2. Abstammungsurkunden,
3. für verheiratete oder verheiratet gewesene Personen
a) bei Eheschließungen ab 1.1.1958 beglaubigte Abschriften aus dem Familienbuch,
b) bei Eheschließungen vor dem 1.1.1958 Heiratsurkunden.

    Mit diesen Urkunden kommt der Familienforscher schnell über all die Unklarheiten hinweg, die ihm das - zugegeben nicht gerade leicht und klar übersichtliche - heutige Namensrecht beim ersten Hinsehen bereitet. Ganz so schlimm, wie es aussieht, ist es eben doch nicht.

Quellen:
Archiv des Landkreises Aurich; insbesondere Personenstandsgesetz mit Ausführungsverordnung, Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden und Zeitschrift "Das Standesamt", Jahrgang 1978, Seite 248 bis 252.
Standesamt Marienhafe (Samtgemeinde Brookmerland).
 
 
 Standesamt Rhaude ] Friesische Namen ] Vier Nachnamen in einer Familie ] [ Namensrecht ] Verordnung 1826 ] Verordnung von 1857 ]