Home ] Einleitung ] Napoleon ] Die französische Besatzungszeit am Beispiel einiger Familien ] Das Jahres 1800 ] Ostfriesische Namensgebung ] Militaerpflicht ] Buchtipp ]


 

Vier Nachnamen in einer Familie

Finessen ostfriesischer Namensgebung

Napoleon scheiterte an freidenkerischen Ostfriesen

(Ostfriesen Zeitung vom 12.04.2000)

Leer. Namen sind Schall und Rauch- oder auch nicht. Jedenfalls hat sich Manno Peters Tammena aus Nortmoor eingehend mit der Namensgebung in Ostfriesland beschäftigt. Den OZ-Artikel vom 20. März "Heimatmuseum war brechend voll" hat er zum Anlass genommen, um über die patronymische Namensgebung in Ostfriesland zu berichten. In dem OZ-Bericht wurde das Thema nur angeschnitten und konnte schon aus diesem Grund nicht umfassend dargestellt werden. - Anders als in dem OZ-Bericht geschrieben, gab es Familiennamen in Ostfriesland vereinzelt schon vor dem 19. Jahrhundert, erläutert Manno Peters Tammena.

Mit kaiserlichem Dekret vom 18. August 1811, dem sogenannten Code Napoléon, wurde angeordnet, alle Bürger Ostfrieslands sollten feste Familiennamen führen. Napoléon ging es weniger um Familiennamen für die Ostfriesen, als um gezieltere Rekrutierung von Soldaten und um Steuereintreibung. Sein Dekret wurde indes nur von wenigen Gemeinden befolgt.

König Georg IV. von Hannover erließ am 12. Mai 1826 eine Verordnung zur Erhaltung (Führung) von Familiennamen in Ostfriesland. Auch das stieß auf wenig Gegenliebe. Am 27. November 1828 wurde vom Kabinetts-Ministerium ein Formular für ein Register herausgegeben und das Führen von Familiennamen unter Androhung von Strafe verordnet. Auch das hatte nicht den erwünschten Erfolg: 1855 berichtet Superintendent Fischer von Forlitz an die Landdrostei: "Die Verwirrung in Bezug auf unsere Familiennamen dauert fort. Da manche Personen gar keine Familiennamen führen und, so lange sie nicht dazu angehalten werden, auch nicht führen wollen, so bleibt nichts übrig, als den Abstammungsnamen, welcher nach ostfriesischer Sitte der Vorname des Vaters ist, als Familiennamen in die Kirchenregister einzuschreiben." 1874 wurden Standesämter eingerichtet, die auf festen Familiennamen bestanden.

Es gab zwei Hauptmodelle patronymischer Namensgebung:

1.: Der älteste Sohn wurde benannt nach dem Großvater väterlicherseits, der zweite nach dem Großvater mütterlicherseits; sie erhielten den Taufnamen (Rufnamen) des Vaters als Patronymikon im Genetiv. War Brunger Eben (sein Vater hieß Ebe), verheiratet mit Taatje Gosens (ihr Vater hieß Gose), hieß der älteste Sohn also Ebe Brungers, der nächste Gose Brungers.

2.: Kam Hof oder Besitz von der mütterlichen Seite, so hatte diese den Vorrang und der älteste Sohn wurde nach dem Großvater mütterlicherseits benannt und der zweite nach dem Großvater väterlicherseits. Beispiel: Feeke Alsen (sein Vater hieß Alse), yerheiratet mit Lamme Bonnen (ihr Vater hieß Bonne), der älteste Sohn hieß Bonne Feeken, der zweite Sohn hieß Aise Feeken. Daran wird auch sichtbar, dass das Patronymikon nicht immer mit -s endete.

Für diese Grundregel gab es Abweichungen. So konnte auch der gesamte Name des Großvaters (Taufname und Patronymikon) übernommen werden: Ein Bajo Heeren nannte seinen zweiten Sohn Albert Bajen (nach Großvater mütterlicherseits), dieser Albert Bajen nun nannte seinen ersten Sohn Bajo Heeren und nicht Bajo Alberts.

Abweichungen waren die Patronymika unterworfen. Bei einer Familie fand Tammena vier verschiedene Nachnamen. Die Kinder eines Dirk Harms, verheiratet mit Jantje Everts (Janssen) hießen Evert Janßen, Stientje Roolfs, Hinrica Dirks und Harm Gastmann.

 Standesamt Rhaude ] Friesische Namen ] [ Vier Nachnamen in einer Familie ] Namensrecht ] Verordnung 1826 ] Verordnung von 1857 ]