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Die Mühle in Völlenerfehn

 

Wenn man aus dem emsländischen Papenburg nach Norden fährt, begrüßt den Gast alsbald dieser Mühlenbastard in Völlenerfehn, der sich derzeit leider in einem desolaten Zustand befindet. Die Bezeichnung „Mühlenbastard“, weil hier der ehemalige Müllermeister Bernhard Goldenstein eine Wassermühle auf einen Erd- oder Wallholländer (mit seinen eigenen Händen!) gebaut hat. Näheres dazu sowie über die Familie Goldenstein (Ahnenliste) und ihre Verwandten in den USA folgt später.

 

 

 

 

 

Ernst Baumann, Die Pullen-Mühle in Völlenerfehn

(Aus: Friesische Blätter, 11. Jahrgang, Nr. 12 vom Dezember 1974)

    Die Mühle in Völlenerfehn, inmitten der Ortschaft direkt an der Bundesstraße 70 in der Nähe der Kreis- und ostfriesischen Bezirksgrenze gelegen, weist eine alte Tradition auf. Sie wurde im Jahre 1813, zu einer Zeit, als die Ortschaft noch im Entstehen begriffen war, erbaut und zwar im Stil einer Holländer-Wall-Windmühle, im Volksmund auch Pullen-Mühle genannt.

   Die Mühle diente anfangs nur der Herstellung von Futterschrot, Graupen und Weizenmehl. Dann wurde noch die Produktion von Rüböl aus Rübsamen hinzugenommen. Hundert Jahre lang, also bis 1913, drehten sich die mächtigen Flügel im Winde und keiner der damaligen Inhaber der Mühle hätte gedacht, daß es jemals anders werden könnte.

   Doch die Zeit brachte eine grundlegende Veränderung mit sich. Die Ortschaft wuchs, und die Windmühle war den erhöhten Anforderungen nicht mehr gewachsen. So wurde kurz vor dem ersten Weltkrieg neben der Windkraft ein Motor zu Hilfe genommen. Nach 1918 wurde die Herstellung von Backschrot mit aufgenommen und zu diesem Zwecke eine neue Reinigungsanlage eingebaut.

   Bis 1945 drehten sich die Flügel weiter im Winde. Dann kam der Krieg ins Dorf, der großen Schaden anrichtete. Auch die Windmühle wurde durch mehrere Treffer, vor allem im oberen Teil, derart in Mitleidenschaft gezogen, daß die Flügel abgenommen werden mußten. Außerdem mußte die 80 Zentner schwere Flügelwelle ausgebaut werden. Auch der Erdwall, der früher als Umgang diente, wurde abgetragen. Übrig blieb ein trauriger Mühlenstumpf.

   Wo gab es nun noch Personen, die sich für den Wiederaufbau solcher »Objekte interessierten oder Geldmittel dafür aufbrachten? Dieser Kreis war sehr klein. Doch diese wenigen scheuten keine Mühe und keine Kosten, um die Mühle zu erhalten. Einer von ihnen war Müllermeister Bernhard Goldenstein. Er entstammt einer alten Müllerfamilie, die in mehreren Generationen durch die Kraft des Windes ihr tägliches Brot verdiente.

   Im Jahre 1954 kaufte er die Mühle und in ihm reifte bald der Plan, den vorhandenen Torso zu einer schmucken und gewinnbringenden Mühle umzubauen. Nach reiflicher Überlegung kaufte er sich eine Wasserschöpfmühle aus dem Riepster Hammrich, um damit den vorhandenen Turm aufzustocken. Hierdurch sollte auch eine größere Höhe erreicht werden. Der bekannte Mühlenbaumeister Wurps aus Riepe wurde mit dem Abbruch in Riepe und dem Wiederaufbau in Völlenerfehn beauftragt. Er war es auch, der mit seinen Mitarbeitern die Arbeiten gewissenhaft durchführte. Goldenstein ist fachlich so ausgebildet, daß er alle Nebenarbeiten selber verrichten konnte. Für kurze Zeit ragte eine hohe, schlanke Mühle mit einem Flügel über die Dächer Völlenerfehns hinweg. Um das Werk zu vervollständigen, wurde wenige Monate später eine Galerie angebracht, wodurch die Mühle schon ein entschieden schöneres Aussehen erhielt.

   Doch der Plan des Müllers war noch nicht erfüllt. Nach eigenen Entwürfen wurde in der Werkstatt des Schmiedemeisters Krämer in Breinermoor der zweite Flügel in Eisenkonstruktion gefertigt. Schmiedemeister Krämer führte die ihm unbekannte Arbeit gewissenhaft aus und legte auch hier Zeugnis von guter Handwerksarbeit ab. Das Anbringen der Jalousieklappen aus Aluminium führte Goldenstein wiederum selber nach eigenen Plänen aus. Zum Einsetzen des neuen Flügels waren viele Nachbarn, Bekannte und Schaulustige erschienen, wollte doch jeder bei der schweren Arbeit helfend eingreifen und sich dieses einmalige Schauspiel nicht entgehen lassen. Sowohl bei der Herstellung als auch bei der Einsetzung des neuen Flügels war Präzisionsarbeit geleistet worden und der Flügel konnte ohne Schwierigkeiten eingesetzt werden. An Stelle einer unansehnlichen Mühlenruine stand damit in Völlenerfehn wieder eine schöne, hohe Mühle, die weit ins Land hineinschaut.

   Müllermeister Goldenstein gebührt Dank und Anerkennung für seine Aufbauleistung und für seine Treue zum Beruf. Wie groß das Interesse der Allgemeinheit, vor allem auch der Durchreisenden an einer Windmühle Ist, konnte man täglich beobachten. Viele fotografierten und besichtigten das stolze Bauwerk und nahmen somit eine Erinnerung an Völlenerfehn mit. Die B 70 führte bis vor wenigen Jahren an der Mühle vorbei.

   Nachdem Goldenstein aus gesundheitlichen Gründen seinen Beruf aufgeben mußte, blieb sein Sohn, der ebenfalls Müllermeister ist, zunächst noch als Pächter dort. Dann wurde die Mühle an die Raiffeisenbank Flachsmeer verkauft, die eine Zweigstelle in Völlenerfehn einrichtete.

   Wie versichert wurde, will die Raiffeisenbank die Mühle möglichst erhalten. Dieses hört man sicher gerne, denn das Overledingerland ist leider nicht sehr   reich an besonderen und ins Auge fallenden Objekten. Denn durch die Kriege und ihren Folgeerscheinungen wurde von dem, was zu bieten war, vieles zerstört. Leider wurde bei Stürmen die Mühle stark beschädigt und es fehlt an Mitteln zur Wiederherstellung. Hoffen wir, daß man Wege findet, auch diese Mühle noch lange zu erhalten.

 

Der Torso des alten Wallholländers aus dem Jahre 1955.  

 

 

 

 

 

 

Die Pullen-Mühle zu Völlenerfehn benötigt dringend der Renovierung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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